Systematische Edelsteinbestimmung

Einige Geräte, die auf dem Markt angeboten werden, versprechen, einen Farb- oder Edelstein damit eindeutig identifizieren zu können. Dies ist jedoch nicht der richtige Weg. Wir arbeiten mit verschiedenen gemmologischen Geräten eine Checkliste ab, untersuchen den Edel- stein mit dem Mikroskop und messen als moderne Untersuchungs- methoden verschiedene Spektren. So lässt sich ein Edelstein zuver- lässig bestimmen. Doch hier zuerst etwas allgemeine Edelsteinkunde:

Minerale müssen bestimmte Eigenschaften aufweisen, damit sie zum Edelstein werden. Dazu gehören Schönheit, Farbe, Glanz, Transpa- renz, Reinheit, Seltenheit und die Härte, die einen Wert von 7 auf der Härteskala nach Mohs haben sollte. Bekannte Steine sind beispiels- weise der Diamant, Rubin, Saphir, Smaragd oder der Turmalin. Im Handel kursieren Bezeichnungen, die falsch sind, wie beispielsweise Halbedelstein. Es gibt lediglich Mineralien. Ein Mineral kann unter den genannten Voraussetzungen in den Stand eines Edelsteines gehoben werden. Alle anderen Bezeichnungen werden eingesetzt, um den Ver- kauf zu fördern, da sie wohlklingender sind.

Mineralien bilden sich auf unterschiedliche Art und Weise. Manche entstehen aus Schmelzen und Gasen im Erdinneren oder aufgrund von vulkanischer Aktivität aus Lava an der Erdoberfläche (magma- tische Mineralien). Andere werden aus wässriger Lösung ausgefällt, wachsen unter Mitwirkung von Organismen an oder bilden sich nahe der Erdoberfläche (sedimentäre Mineralien). Durch die Plattentektonik der Erdoberfläche haben sich unter grossem Druck und hohen Tem- peraturen in tiefen Lagen der Erdkruste bereits vorhandene Mineralien in neue Mineralien umkristallisiert (metamorphe Mineralien).

Fast alle Mineralien entwickeln bestimmte Kristallformen, also stoff- lich einheitliche Körper mit regelmässigem Gitterbau der Atome, Io- nen und Moleküle. Sie sind streng geometrisch gestaltet und haben als Begrenzung meist glatte Flächen. Die meisten Kristalle sind klein, manchmal mikroskopisch klein (Mischkristalle wie z.B. Turmalin und Jadeit), können aber auch extreme Grössen erreichen. Die innere Struktur, das Raumgitter, bestimmt die physikalischen Eigenschaften der Kristalle, also Form, Härte, Spaltbarkeit, Art des Bruchs, Dichte und die optischen Eigenschaften und Erscheinungen. Unterschiedli- che Wachstumsgeschwindigkeiten in verschiedenen Richtungen füh- ren zur Entstehung der Kristallformen (Anisotropie des Kristallwachs- tums). Gleiche Wachstumsgeschwindigkeiten in verschiedenen Richtungen führen zur Entstehung einer Kugel (Isotropie des Kristall- wachstums). Bei den Fundorten (Lagerorte) wird zwischen primären und sekundären Lagerstätten unterschieden.

Primäre Lagerstätten sind die Orte, an denen die Mineralien beispiels- weise durch Plattentektonik im Laufe der Erdgeschichte nahe an dieOberfläche gelangt sind. An solchen Stellen werden besonders schö- ne Kristalle gefunden, weil sie noch nicht durch Erosion abtranspor- tiert wurden. Sekundäre Lagerstätten (auch Seifenlagerstät- ten genannt) sind Stellen, an denen Mineralien ge- funden werden, nachdem sie aus der primären Lagerstätte, die oft in einem Gebirge liegt, durch Erosion aufgrund von Wind, Flüssen, Meeresströmungen und so weiter abgetragen wurden und sich beispielsweise an be- stimmten Stellen in Bächen und Flüssen oder ehemaligen Flussläufen wieder abgelagert haben. Kristalle aus sekundären Lagerstätten sind deshalb oft nicht so schön und vollständig erhalten, wie die aus pri- mären Lagerstätten.

Die Einordnung von Edelsteinen erfolgt in Gruppen nach optischen Eigenschaften und Kristallsystemen. Die Kristalle werden hiernach in sieben Systeme eingeordnet. Die Einteilung erfolgt nach Kristallach- sen und den Winkeln, unter denen sich die Achsen schneiden. Sie werden nach der Symmetrie der Achsenkreuze aufgelistet, die vom hochsymmetrischen kubischen zum niedrigsymmetrischen triklinen Kristallsystem abnimmt. Die Einteilung von Mineralien erfolgt ent- sprechend den Mineralsystemen nach Strunz und Dana. Im deutsch- sprachigen Raum wird eher das System von Hugo Strunz verwendet, wonach sich die Einteilung zunächst nach der chemischen Zusam- mensetzung (Elemente, Sulfide, Oxide; etc.) richtet.

Die meisten Kristalle sind nicht gleichmässig, sondern leicht bis stark verzerrt, weil sich manche Kristallflächen besser entwickelt haben, alsandere. Der Winkel zwischen den Flächen bleibt aber immer der Glei- che. Viele Kristalle kommen auch in Kombination unterschiedlicherKristallformen vor (z.B. Hexaeder und Oktaeder). Auch die Gestalt/ Struktur (Habitus) der Ausbildung ein und derselben Kristallart kann sehr verschieden sein. Sie kann nadelartig, säulenartig, tafelförmig oder gedrungen sein.

Von „Zwillings-Kristallen“ spricht man, wenn zwei Kristalle miteinan- der verwachsen sind. Sind drei oder mehrere Kristalle miteinander verwachsen, werden sie „Drillinge“ oder „Viellinge“ genannt. Es gibt noch eine Unterteilung in Berührungs-Zwillinge (Kontakt-Zwillinge) und Durchdringungs-Zwillinge (Penetrations-Zwillinge). Als Beispiel erscheinen uns die triklinen Feldspäte streifig, weil sie oft als Berüh- rungszwillinge in der Form sogenannter Lamellen auftreten. Diese Erscheinung wird auch „Adularisieren“ genannt, wobei wir nun bei den Lichtfiguren angelangt sind, mit denen wir im nächsten Beitrag fortfahren.

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